
Außergewöhnliche Familientradition in La Paz
Die Busfahrt nach La Paz verlief – erstaunlicherweise – völlig ohne Zwischenfälle. Von den Protesten, von denen ich im Vorfeld viel gehört hatte, bekam ich – außerhalb von WhatsApp-Reisegruppen – nichts mit. Das galt auch für La Paz selbst.

Dafür erwischte mich hier eine Lebensmittelunverträglichkeit (Details erspare ich euch). Aber irgendwie gehört das wohl zur Familientradition: Meine Mutter hatte hier vor zwei Jahren eine Lebensmittelvergiftung, mein Bruder vor 7 Jahren auch. Da durfte ich natürlich nicht fehlen. Also habe ich mich dazu bereit erklärt und diese ehrenvolle Tradition fortgeführt.
La Paz – Stadt der Seilbahnen



La Paz ist eine Großstadt auf rund 3.600 Metern Höhe, unterteilt in zahlreiche Stadtteile. Um diese untereinander und mit der ebenso riesigen Nachbarstadt El Alto zu verbinden, wurde ein modernes und weit verzweigtes Netz an Seilbahnlinien errichtet.



Für Touristen wie mich sind die Preise äußerst günstig – für viele Einheimische jedoch zu teuer. Sie nehmen deshalb häufig weiterhin mühsam den Bus.
Ich habe in La Paz in die nächste Casa Ciclista gefunden – und kann mich wohl leider zu den letzten Gästen dieses gemütlichen Ortes zählen. Der Besitzer Cristian möchte das Haus nämlich verkaufen.

In dieser Unterkunft habe ich unter anderem auch Guero aus Kolumbien kennengelernt, der mit dem Skateboard quer durch Südamerika unterwegs ist.

Außerdem erfuhr ich, das Maria aus Polen in der Stadt ist, die ich schon in Tupiza kennengelernt hatte. Damals haben wir gemeinsam auf dem Markt das typisch bolivianische Frühstück gegessen: Api und Pastel con Queso.

Wir sind Fans – und haben diese kleine Tradition auch in La Paz fortgeführt.
Warum ich Märkte so gerne mag
An einem anderen Tag eroberten wir zu dritt die Stadt. Wir besuchten den berühmten Markt in El Alto – beliebt bei Einheimischen wie auch bei Touristen. Hier gibt es einfach alles: Schlangen, Auto-, Motorrad- und Busteile, lebendige Haustiere – und absurden Hundeschmuck.
Ich mag sehr gerne Südamerikanische Märkte. Hier esse ich oft – gemeinsam mit allen anderen, ziemlich unabhängig vom Einkommen und gesellschaftlichen Status.

Die Portionen sind so preiswert, dass ich gerne auch mal eine Portion mehr esse. Oder zwei. Oder drei. Mit jedem „una porción más, por favor“ passen sich die Mahlzeiten auch immer mehr meinem Hungerempfinden an. Hat man erstmal seinen Stammstand gefunden, stellen sich die Marktfrauen auf einen ein. Ab dem zweiten Besuch werden die Portionen deutlich größer – und beim Ausrufen der Tagesgerichte ertönt automatisch ein „sin carne“, sobald ich in Sichtweite komme. 😀

Feministisches Wrestling in El Alto


Nach dem Markt ging es abends zum Cholitas Wrestling – meinem ersten (und vermutlich letzten) Wrestling-Event. Ursprünglich diente das Spektakel den traditionell gekleideten Cholitas zur Selbstermächtigung – gegen häusliche Gewalt. Heute ist es eher eine skurrile Touristenattraktion. Und was soll ich sagen? Es ging ordentlich zur Sache: Sprünge von der Tribüne, Haareziehen, Bierdosen auf Oberkörpern zerschmettern – alles dabei. Das Publikum war begeistert – ich auch, zumindest bis zum zweiten Kampf. Danach wurde es eintönig. Es fehlte eine Story oder irgendeine Art von Abwechslung zwischen den Kämpfen.

Mein Fazit: Für ein bis zwei Kämpfe ganz unterhaltsam, aber insgesamt hätte die Show insbesondere dramaturgisch mehr hergeben können.

Unfallfolgen: Der Grund warum meine Reise immer teurer wird
Fast täglich entdecke ich etwas Neues, das bei meinem Unfall kaputt gegangen ist. Mein gesamtes Essen hatte sich im Gepäck verteilt (zum Glück nur Nudeln, Bohnen und Haferflocken). Topf und Deckel sowie die Benzinflasche für meinen Kocher sind ziemlich verbeult – und mir als Benzinbehälter zu unsicher. Ich gab die Beule in Flaschenoptik (kurz Beulie) deshalb an Andi – einem anderen Radreisenden aus Deutschland – weiter, der sie nun als Ersatz nutzt.

Auch meine Taschen haben gelitten. Die große gelbe hatte einen großen Riss, den ich erst spät bemerkte. Andi half mir beim wasserdichten Flicken.

Tan – ein weiterer Radreisender – suchte in einer WhatsApp Gruppe Ersatz für seine gestohlene Vorderradtasche. Zufällig war ich in der selben Stadt und hatte von Flor nicht nur ihr Rad, sondern auch die Taschen abgekauft – so konnte ich ihm helfen. Aus zwei kaputten Taschen machten wir eine funktionierende. Tan kann jetzt endlich weiterreisen. 🙂

Mein Arm wird zum Glück täglich beweglicher. Schmerzen habe ich nur noch bei längeren Aktivitäten. Ich mache brav meine Übungen – nur heben und Sport sind weiterhin tabu.
Weniger erfreulich: Meine Auslandskrankenversicherung („young travelers“ von Hanse-Merkur) nutzte den Unfall als Vorwand, um nach einem Jahr nicht zu verlängern. Danke dafür. Jetzt bin ich in einer deutlich teureren Versicherung mit schlechteren Leistungen. Ein Beispiel von vielen, wie viel teuer das Reisen seit dem Unfall geworden ist.
Ein weiteres Beispiel ist auch mein Handy. Das hat ein paar Wochen nach dem Unfall Aussetzer bekommen. Ich habe ein neues an meine Eltern liefern lassen, die es mir mitbringen werden.
Von anstrengenden Busfahrten und teuren Taxen

Das Reisen mit dem Bus ist anstrengend – ich muss sowohl das neue als auch das kaputte Rad mitnehmen. Das gilt auch für den Weg nach Cusco.

Mit kaputter Schulter und dem ganzen Gepäck bleibt mir oft nur der Weg per Taxi zum Busbahnhof – oft zum Touristenpreis.
In Cusco angekommen, hatte ich zunächst kein Internet – wegen Grenzübertritt und fehlender SIM-Karte. Zudem wurde meine Stimme immer rauer. Mein Hals war noch von „dem Vorfall“ in La Paz gereizt, und mit dem Stress entwickelte sich eine ziemliche Erkältung.
Als ich nachts endlich im Hostel ankam, konnte ich dem Taxifahrer nur noch entgegengrächtzen, dass dies jetzt ja wohl jetzt sehr teuer gewesen sei.



Cusco ist durch die vielen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung extrem touristisch. In den ersten Tagen war die Hölle los: Täglich Umzüge durch die Altstadt – Vorboten des Inti Raymi-Fests. Eigentlich schön, aber für mich als kranke Person etwas zu viel. Da die Umzüge gefühlt jeden Tag einen anderen Streckenweg nahmen, musste ich auch jeden Tag einen neuen Weg zum Markt finden. Die Feierlichkeiten habe ich deshalb nur am Rand mitbekommen.





Erst beim Fest ‚Corpus Christi‘ war ich wieder richtig dabei: Heiligenstatuen wurden tagsüber aus der Kirche getragen, durch die Stadt geführt und abends unter großem Getöse zurückgebracht. In den folgenden Tagen wurden die Figuren auf ähnliche Weise auf verschiedene Kirchen verteilt.
Die ganze Stadt war auf den Beinen.
Von bunten Bergen und Gruppenspaziergängen



Eines Tages, als es mir wieder besser ging, schloss ich mich einer Touristen-Tour zum Rainbow Mountain an. Ich hatte mit einer Wanderung gerechnet – aber letztlich war es nur ein Gruppenspaziergang von ungefähr 40 Minuten. Lediglich die Höhe von über 5.000 Metern sorgte für etwas schweren Atem.

Um den Spaziergang etwas auszuwerten ging ich anschließend allein weiter ins Red Valley – und das war absolut lohnenswert! Keine großen Menschenmassen, und man kann in Ruhe die spektakulären roten Berge bestaunen.



Low Budget Machu Picchu
Auf Machu Picchu freute ich mich besonders – und hatte Wochen vorher sündhaft teure Tickets gekauft. Alles rund um die Inka-Stätte ist unfassbar teuer. Die meisten Touristen fahren für mindestens 70$ pro Strecke mit dem Zug direkt nach Aguas Calientes.

Ich entschied mich für die Low-Budget-Variante: Bus bis Hidroeléctrica, dann zwei Stunden zu Fuß entlang der Gleise – auch wenn die Schilder das absurder weise offiziell verbieten.

An manchen Stellen gibt es sogar keine andere Möglichkeit, als über die schmale Brücke für die Gleise zu gehen.

In Aguas Calientes suchte ich das günstigste Hostel – immer noch 60 % teurer als in Cusco. Auch Essen ist hier 4–6x so teurer.
Im Hostel lernte ich einen Mexikaner kennen, der von meiner Fahrradreise so beeindruckt war, dass er mich spontan zum Essen einlud – ein als Hauptspeise getarnter Salat für fast 18 €. Aber wir hatten einen schönen Abend.


Am nächsten Morgen ging es um 4:40 Uhr los – zu Fuß zum Einlass um 7 Uhr. Das hat was von Frühschicht. Aber der Bus hätte mich sonst pro Strecke mehr gekostet als mein Hostel. Leider regnete es stark, und es war noch stockdunkel. Die Handytaschenlampe half nur ein bisschen. Ich verpasste ein paar Abkürzungen und kam letztendlich ziemlich durchnässt an.

Der Machu Picchu war die Mühe wert. Unglaublich, wie die Inka um 1450 ohne Mörtel ein so stabiles Bauwerk errichtet haben, das bis heute Erdbeben überdauert – weitaus stabiler als die meisten modernen Bauwerke die wir so haben. Leider war es anfangs sehr neblig.




Nur langsam lichtete sich der Nebel ein bisschen.





Fast am Ende meines Rundgangs fragte ich zwei andere Touristen, wofür die Buchstaben auf meinem Ticket stehen – und erfuhr, dass in meinem Ticket der Wayna Picchu enthalten war. Also habe ich mir die Zeit genommen, bin nochmal zurück gelaufen und in einer Stunde den Berg hochgesteppt.




Im Gegensatz zu den Rainbow-Mountain, die vom Schwierigkeitsgrad weit hinter meinen Erwartungen geblieben waren, hatte dieser Berg es ziemlich in sich.

Das ganze wirkte wie ein als Touristenatraktion getarnter Klettersteig.
Nur ohne die entsprechende Kletterausrüstung. So steile Treppen wie hier, habe ich noch selten in meinem Leben gesehen.


Oben angekommen ging es, um rechtzeitig zum Bus zu kommen, für mich fast direkt wieder runter. Der Abstieg war noch schwieriger, mit rutschigen Stufen und einer Höhle (!), durch die man musste.

Drei Stunden später kam ich ziemlich erschöpft und verspätet beim Bus an – doch zum Glück ticken die Uhren in Südamerika anders. Ich wurde trotzdem noch mitgenommen.
Ausblick
Und jetzt: Lima
Zwei Tage später sitze ich in einem 22-stündigen Bus nach Lima, um endlich meine Eltern zu treffen. Schon jetzt ist klar: Der Zeitplan wird nicht halten. Also sitze ich wohl oder übel noch länger in diesem stickigen, unbequemen, fahrenden Käfig fest. Aber auch das geht vorbei – und dann ruft endlich der Urlaub!

Beitrag vom 03.07.2025
Klasse, das klingt abenteuerlich! Viel Spass mit Dorita & Berthold. Baldige Genesung wünsche ich Dir!! Mach weiter so!
Liebe Grüße Birgit