Sorry für den Ohrwurm von Guns N‘ Roses 😀

Tarapoto: von touristischen Touren und der peruanischen Unabhängigkeit

Unser letzter Zwischenstopp auf dem Weg nach Iquitos und in den Dschungel war Tarapoto. Hier unternahmen wir Ausflüge in die Nachbarstadt Lamas sowie einen Ganztagesausflug zu verschiedenen touristischen Hotspots.

Diese Ausflüge fielen in die Tage vor dem Nationalfeiertag Perus am 28. Juli. An diesem Tag feiert Peru die Unabhängigkeit von den spanischen Besatzern. Ein sehr guter Grund zum Feiern, wenn auch für meinen Geschmack mit zu viel Nationalismus.

Dadurch entwickelte sich die Touren zu einer Art Touristen-Wallfahrt, bei der man von einem Hotspot zum nächsten gekarrt wurde, um so Sachen wie eine Art Disney-Burg, ein Gewächshaus oder ein Café-Museum, das im Grunde nur aus ein paar einzelnen Kaffeepflanzen und ein paar alten Kaffeemaschinen bestand, zu sehen. Die Verkaufsshops waren dabei bei den einzelnen Stationen häufig fast größer als die Attraktionen selbst.

In der Schlange, auf dem Weg zur „Disney“-Burg

Dazu gab es spärliche Erklärungen auf Spanisch in einem Tempo, das man sonst nur aus der Medikamentenwerbung kennt, wenn die Nebenwirkungen heruntergerattert werden – und das ganze in einer Lautstärke, um den Krach der Menschenmassen und der anderen Guides zu übertönen. In der Jobbeschreibung für neue Guides muss wohl die Grundvoraussetzung sein, eine „natürlich laute Stimme“ zu haben.

Das ganze konnte ich nicht mehr ernst nehmen und habe dafür unseren Guide beobachtet, der tatsächlich mit voller Begeisterung dabei war. Nebenbei habe ich die Menschenmassen und die zahlreichen unfreiwillig-komischen Dinge fotografiert. Und davon gab es eine Menge.

Mototaxis – ein Erfahrungsbericht

In Tarapoto fiel uns sofort auf, wie stark die Dichte der Mototaxis im Vergleich zu allen anderen Verkehrsmitteln zunahm.

Gepäck transportieren mit Mototaxi – gar kein Problem

Einmal sprachen wir am Abend einen Mann an, der in einem geparkten Mototaxi saß, weil wir zu unserer Unterkunft fahren wollten. Nachdem wir ihm erklärten, wo wir wohnten, meinte er, er würde uns ein Mototaxi anhalten. Dann zog er plötzlich seinen Pullover aus – darunter kam eine Polizeiuniform zum Vorschein – und stellte sich mitten auf die Straße, um das nächste Gefährt zu stoppen.

Bei der Preisverhandlung nannte der Fahrer einen Preis, den er sonst Touristen sicher niemals angeboten hätte. Als der Polizist ihn jedoch fragte, ob seine Lizenzplakette überhaupt noch gültig sei, ging der Preis noch weiter herunter, sodass wir letztlich fast den normalen Preis zahlten. Die Stimmung des Fahrers war während der Fahrt entsprechend kleinlaut und ziemlich schlecht gelaunt.

Wir waren völlig perplex. So ein absurden Handlungsstrang gibt es sonst nur in RTL-II-Serien.

Abschied und Weiterreise nach Iquitos

In Tarapoto verabschiedeten wir auch meinen Vater. Er reiste früher zurück, während ich mit meiner Mutter weiterfuhr.

Am 28. Juli nahmen wir ein Speedboot nach Iquitos – die größte Stadt im Amazonasgebiet, die nicht über Straßen erreichbar ist. „Speed“ bedeutet hier, dass die Bootsfahrt „nur“ ca. 12-14 Stunden dauert (variiert je nach Witterungsverhältnis) statt etwa drei Tage wie sonst üblich. Insgesamt legten wir sogar rund 650 Kilometer und 17 Stunden mit Boot, Collectivo (ein Sammeltaxi) und Mototaxi zurück.

Wir waren mal wieder überall die einzigen Europäer*innen. Es ist wohl ziemlich ungewöhnlich als Touristen mit dem Boot nach Iquitos zu reisen – und nicht mit dem Flugzeug.

Vorhang auf für den Sonnenuntergang

Iquitos und seine Geschichte

Früher lebte die Stadt von der Kautschukproduktion. Noch heute zeugen die bunt gemusterten Keramikfliesen in portugiesischer Optik, an den häufig verfallenen Hausfassaden ehemaliger europäischer Kautschukbarrone, von diesem Reichtum.

Die allgemeine Bevölkerung hat von diesem Reichtum selbstverständlich nichts abbekommen. Sondern wurde zum Arbeiten auf den Feldern verdonnert um die Europäer noch reicher zu machen, während sie dabei wie Sklaven behandelt wurden.

Der Kautschuk-boom in der Stadt endete abrupt, als die Engländer 1876 tausende von Gummibaumsamen stahlen und durch bessere Anbaugebiete und Massenproduktion Kautschuk deutlich günstiger herstellen konnten. Vom einstigen Glanz der Reichen ist heute kaum noch etwas übrig und viele Fassaden an der Uferpromenade verfallen.

Der ehemals schwimmende Markt in Belén

Der spezielle Stadtteil Belén ist sehenswert. Hier liegt der ehemals schwimmende Markt und viele Häuser sind auf Stelzen gebaut, um während der Regenzeit nicht überflutet zu werden.

Wir bekamen aber den Tipp, hier nach Sonnenuntergang besser nicht mehr unterwegs zu sein. Teile von Belén sind nämlich ‚Favelas‘ und nicht zu jeder Tageszeit sicher für Touristen.

Den Markt besuchten wir mit einem Guide. Hier wird so ziemlich alles verkauft, was du sonst nirgends bekommst: Alligator- und Schlangenfleisch, Maden, diverse Fische (darunter auch Piranhas), Naturmedizin und spezieller Tabak.

Besonders erstaunte mich, dass hier offenbar auch geschützte Tierarten völlig offen verkauft werden, ohne dass jemand eingreift. Später erklärte uns ein anderer Guide, dass diese Tiere größtenteils nicht mehr gejagt würden, weil das streng verboten und mit Gefängnisstrafen belegt sei – aber verkauft würden sie offenbar trotzdem noch. Wie genau das zusammenpasst ist mir ein Rätsel.

Let’s go to the jungle!

Am Tag nach dem Marktbesuch ging es erneut aufs Boot. Dieses Mal hatten wir eine geführte Tour gebucht und fuhren zwei Stunden in den Dschungel hinaus, bis wir unser Domizil am Flussufer des Amazonas erreichten. Dort bezogen wir unsere Lodge, in der wir die nächsten drei Tage und zwei Nächte verbrachten – schlafen, essen und auf Erkundungstouren gingen.

Es wunderte mich, das touristisch dort so wenig los war. Unsere Gruppe bestand nur aus 6 Personen (zwei aus Peru, zwei aus Spanien und wir) und dem Tourguide. Auch sonst sind wir auf wenig andere Touris gestoßen.

Außerdem hat es mich überrascht, dass sich sowohl die Temperaturen als auch die Zahl der Moskitos stark in Grenzen hielt. In letzteren war Paraguay um einiges schlimmer.

Erlebnisse im Dschungel

Während der Tour beobachteten wir Delfine, unternahmen eine Nachtwanderung, erkundeten den Dschungel zu Fuß, waren beim Piranha-Angeln dabei, besuchten eine Rettungsstation für Wildtiere, sahen frei lebende Affen, gingen in den Amazonas schwimmen und trafen ein indigenes Volk.

-Frei lebende – aber an Menschen gewöhnte Affen-

Manche Aktivitäten gefielen mir besser, andere weniger. Besonders beeindruckend war die Dschungelwanderung mit den vielen verschiedenen Tieren und Pflanzen. Das Piranha-Angeln hingegen empfand ich eher als Massenveranstaltung – und ich halte ohnehin nichts davon, Tiere aus Spaß zu verletzen oder zu töten, erst recht nicht durch Tourist*innen, die keine Ahnung vom Angeln haben.

Auch unser Tourguide hatte zwei Seiten. Einerseits wuchs er in einem Dorf in der Umgebung auf und konnte entsprechend viel über den Alltag, die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Veränderungen der Region erzählen.

Andererseits waren er und damit auch die Aktivitäten nicht besonders gut organisiert. So kam es vor, dass wir nachts mit kaputten, zu großen Stiefeln durch den Matsch stapften; meine Mutter bekam erst gar keine ab – und konnte später eine Stunde lang ihre Schuhe säubern.

Ich hatte außerdem oft den Eindruck, dass unser Guide so wenig wie möglich mit uns kommunizierte – weder darüber, was als Nächstes anstand, noch wie der Tagesplan aussah.

Auch bei schwierigen Situationen, wie etwa einem steilen, matschigen Abhang, hätte er durchaus besser auf seine Gruppe achten können.

Fazit, Rückweg und Ausblick

Insgesamt war die Dschungeltour aber sehr schön, absolut lohnenswert und ich kann sie wirklich jeder*m empfehlen – wenn auch vielleicht nicht unbedingt beim selben Anbieter.

Nun sind wir schon wieder zurück in Tarapoto. Der Rückweg war nicht einfach. Es gibt keine direkte Bootsverbindung zwischen Iquitos und Tarapoto. Deswegen sind wir erst nach Nauta gefahren um eine Nacht Pause vor der langen Bootsfahrt zu haben und die Tickets zu buchen.

– nachfolgend Eindrücke aus Iquitos und Nauta –

Holzbus in Iquitos

Allerdings war es alles andere als einfach überhaupt rauszufinden, wann Boote fahren. Wir dachten eigentlich jeden Tag, als wir dann aber spätabends zur größten Reederei kamen (wir dachten es wäre die einzige), stellte sich aber nach reichlicher Benutzung der Übersetzungsapp heraus, dass ihre schnellen Boote nur Mittwochs starten.

Erst die Hotelbesitzerin teilte uns mit, dass auch noch andere Reedereien existieren. Allerdings hatten alle Büros dieser Firmen schon geschlossen. Letztendlich haben wir nur anhand eines Werbeaufstellers, der auch noch Nachts draußen stand, herausgefunden dass am nächsten Tag auch ein Schnellboot fährt.

Dieses war allerdings langsamer als auf der Hinfahrt und so kamen wir erst nach über 18 Stunden mit Boot und Collektivo wieder in Tarapoto an.

Der Weg auf dem das Gepäck und Passagiere zum Boot gebracht wurden

Hier möchten wir morgen noch eine kleine Schokoladenfabrik besichtigen.

In ungefähr einer Wochen endet unser gemeinsamer Urlaub in Lima. Auch die Rückreise dorthin ist noch nicht abschließend geplant und wird mit Sicherheit ein Abenteuer für sich!

In Lima werde ich meine Reise mit dem Fahrrad in Richtung Norden von Peru fortsetzen. Ich freue mich schon sehr darauf und werde euch berichten!

Beitrag vom 05.08.2025

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