
Ein Zuhause auf Zeit in Chimbote
Von Casama ging es für mich weiter entlang der peruanischen Küste nach Chimbote.

Hier durfte ich bei der Familie von Daymo, einem Radreisenden, der mittlerweile in Brüssel wohnt, übernachten.




Sein Vater (der ebenfalls Daymo heißt) und seine Schwester kümmerten sich gut um mich, und wir haben tatsächlich eine Werkstatt gefunden, die die Aufhängung meiner Lenkradtasche reparierte. Diese war noch vom Unfall kaputt.Leider hielt die Reparatur nicht besonders lange – sie ist inzwischen schon wieder defekt. In Peru und Ecuador habe ich bisher noch keine Werkstatt gefunden, die das reparieren kann.


Zurück in der verstaubten Stadt



Weiter ging es nach Trujillo. Hier habe ich schon vor ungefähr einem Monat mit meinen Eltern Urlaub gemacht. Gemeinsam besuchten wir den Templo de la Luna und Chan Chan (mehr dazu findest du in Blog 27).

Vor Trujillo haben mich meine Freund*innen aus Lima gewarnt. Sie hatten in den Nachrichten zuletzt häufig von Explosionen gehört. Auch der Besitzer der Casa Ciclista, Luis, bei dem ich unterkam, erzählte mir, dass es eine Nacht zuvor nur wenige Kilometer entfernt eine Explosion gegeben hatte – offenbar im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität. In seinem Teil der Stadt sei es jedoch sicher.

Ich blieb also ein paar Nächte in Trujillo, besuchte ein Museum, spielte nach Jahren nochmal Schlagzeug und ging erneut in die vegetarischen Restaurants essen, die wir schon bei unserem damaligen Urlaub so schätzen gelernt hatten.

Diese Restaurants gibt es erstaunlich häufig in vielen größeren Städten des Landes – mit wirklich erschwinglichen Preisen. Doch die besten vegetarischen Restaurants, so unsere Erfahrung, findet man definitiv in Trujillo.

Ein Koch erinnerte sich sogar noch an uns, weil meine Mutter damals nach dem Rezept der (sehr leckeren) Nationalspeise Causa gefragt hatte.


Respeto ciclista!
Die Familie der Casa Ciclista ist definitiv eine Fahrradfamilie – viele Familienmitglieder nehmen sogar an Wettkämpfen teil. Beim Gespräch über meine Reise erzählte ich von meinem Unfall.
Daraufhin erklärte mir Luis, dass sein Sohn Lance 2019 bei einem Unfall von einem viel zu schnellen Auto getötet wurde. Der Fahrer war mit Handy am Steuer und hat nach dem Unfall einfach weiter telefoniert.
Er zeigte mir alte Fotos – auch vom Unfall –, die mich noch einige Tage beschäftigten.

Es ist einfach nur schrecklich, dass das Fahrradfahren durch Autos, Busse und LKWs so gefährlich gemacht wird.
Der (motorisierte) Verkehr ist auch der gefährlichste Teil meiner Reise. Insbesondere in Peru und Bolivien haben die meisten Menschen keinen Respekt vor Radfahrer*innen (in Ecuador ist die Situation deutlich besser).

Aber auch in meiner Heimat, in Deutschland, kann es schnell gefährlich werden:
Wenn ich zum Beispiel über die Luxemburger Straße in Köln fahre, ist die Autodichte dort deutlich höher als in den allermeisten Gegenden Südamerikas. Und auch dort überholen mich viele mit nur wenigen Zentimetern Abstand. Ebenso gibt es keine vernünftige Fahrradinfrastruktur. Wenn man die Frage, ob man sein Kind ohne Bedenken durch die Stadt fahren lassen würde, nicht eindeutig mit „Ja“ beantworten kann, sollte das ein Warnzeichen sein und zum Nachdenken anregen.
Zuhause zu bleiben ist für mich ungeachtet dessen sowieso keine Option – nicht ohne Grund habe ich mich entschieden, die Welt mit dem Rad zu erkunden. Aber ihr könnt mithelfen, dass Unfälle wie bei Lance und mir in Zukunft verhindert werden.

Die wichtigsten Selbstverständlichkeiten habe ich hier mal zusammengefasst:
• Don’t drink and drive
• Überholt immer mit mindestens 1,5 Metern Abstand
• Kein Handy am Steuer!
• Beim Aussteigen in den Seitenspiegel schauen und Schulterblick anwenden, um Dooring-Unfälle zu verhindern (der „Holländische Griff“ hilft) *1
• Macht euch in der Politik für bessere Fahrradinfrastruktur stark
Auch aus Sicherheitsgründen hat Luis in seiner Werkstatt mein Fahrrad überarbeitet und vorne neue Ritzel eingebaut. Jetzt hakt nichts mehr – allerdings habe ich vorne nur noch zwei statt drei Gänge.

Unterwegs bis zur Grenze nach Ecuador





Luis hat mich an sämtliche Freund*innen in der Umgebung vermittelt, und so hatte ich bis zur Grenze nach Ecuador in jeder größeren Stadt eine Übernachtungsmöglichkeit. Sei es in Pacasmayo bei Paco und seiner Frau,

in Chiclayo, wo ich bei Javier kostenlos im Motel übernachten durfte und das berühmte Museo Tumbas besuchte,







oder in Sullana, an der Grenze, in der Unterkunft eines Cargounternehmens.





In Sullana wollte ich mich dann schließlich nach einem Geldautomaten umsehen, der US-Dollar ausgibt, um gut für Ecuador vorbereitet zu sein – leider vergeblich. Die Stadt ist einfach zu klein. Also musste ich ohne entsprechende Vorbereitung zur Grenze fahren.



Ich hatte mich in meiner Zeit in Peru extra beeilt und die schnellere Route gewählt, um nicht zu viel Geld an der Grenze zu verlieren, da ich die Aufenthaltsdauer von 90 Tagen überzogen hatte. Das hat gut funktioniert – letztendlich musste ich nur drei Dollar für zwei überzogene Tage zahlen.

Das Erste, was mir in Ecuador auffiel, waren die riesigen Echsen, die einfach so durch den Park in Zapotillo liefen.



-> schreibt mir!
Aber nur Echsen beobachten war nicht drin: Ich musste mich dringend um Bargeld und eine SIM-Karte kümmern.
Ersteres stellte sich als ziemliche Herausforderung heraus:
Es gab nur zwei Geldautomaten in der Stadt, und beide akzeptierten meine Karte nicht. Also musste ich in meinem Gepäck nach meinen beiden Ersatzkarten suchen.
Ich fühlte mich wie in einem schlechten Film, als ich alle drei Karten an beiden Automaten ausprobierte – und selbstverständlich (wie sollte es auch anderes sein?) funktionierte erst die letzte Karte am letzten Automaten.
Diese benutze ich eigentlich nie, da es eine Debit- und keine Kreditkarte ist, aber tatsächlich wurden mir zu meiner Verwunderung keine Abhebegebühren vom Automaten berechnet.

Mit den ersten US-Dollarn seit meiner Geburt in der Hand, war es dann auch kein Problem mehr, die SIM-Karte zu besorgen.
Zurück in den Anden
In der Kleinstadt Zapotillo hielt mich nach den Besorgungen nichts mehr, also ging es für mich weiter.





Ich entschied mich für den Weg über die Anden durch Ecuador – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einerseits, weil die Küstenregion als gefährlich gilt, andererseits weil hier die berühmte und bei Tourist*innen sehr beliebte Vulkanroute verläuft.



Außerdem hatte ich die Berge nach dem langen Wüstenabschnitt in Peru ziemlich vermisst.
Aber es gab noch einen weiteren Grund: Ich kann so endlich wieder auf die Höhe zurückkehren, auf der der Unfallverursacher meine Radreise damals vorübergehend beendet hatte. Ich kann mir die Berge also gewissermaßen „zurückerobern“.

Gastfreundschaft in Ecuador
Zunächst ging es Richtung Loja.
Am zweiten Tag nach dem Aufbruch winkte mich am späten Nachmittag ein Mann am Straßenrand heran.

Er wollte mir tatsächlich einfach seine kleine Kaffeerösterei zeigen! Nach der Besichtigung boten mir seine Frau (Milton) und er an in der nahe gelegenen Stadt zu übernachten.

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, denn ich war schon ziemlich erschöpft von den ganzen Höhenmetern.

Kurzerhand wurden mein Rad und ich in einen Pickup (sehr praktische Teile) von Freunden geladen und vor einem kleinen Bekleidungsgeschäft wieder ausgeladen, wo bereits Milton und Horacio auf mich warteten und mir ihr schönes kleines Haus zeigten.
Hier blieb ich eine Nacht, bevor es für mich zurück auf die bergigen Straßen ging.

Im Kaffeerausch nach Loja
Kurz vor Loja fielen mir zwei gut besuchte Schwimmbäder auf.

Ich beschloss, in der nahegelegenen Stadt Catamayo zwei Nächte zu bleiben und am nächsten Tag schwimmen zu gehen, um mich von den vielen Höhenmetern zu erholen.
Leider bemerkte ich erst am nächsten Tag, dass beide Bäder geschlossen hatten – da war ich allerdings schon die sechs Kilometer dorthin gelaufen und musste sie auch wieder zurück.
So wurde aus einem Erholungstag eher eine Art Wandertag.
Ich ließ mich davon aber nicht entmutigen und fuhr am nächsten Tag die verbleibenden 1.400 Höhenmeter nach Loja hinauf.

Dank eines Freundes der Familie wusste ich vom örtlichen Fahrradclub und schrieb sie kurzerhand an, ob sie eine Übernachtungsmöglichkeit hätten.



Und tatsächlich: Etwas außerhalb der Stadt durfte ich im Gartenhaus eines großen Gartens übernachten. Hier baut der Vater eines Clubmitglieds im kleinen Stil Kaffee an.


Sowieso ist in der Region – und besonders in Loja – der Kaffeeanbau ein großes Thema. Das merkte ich spätestens daran, dass gerade das alljährliche Kaffeefestival stattfand. Es gab Bühnenprogramm und viele Verkaufsstände.

Auch Bayer war mit einem Werbestand dabei – ich hatte den Chemie-riesen schon fast vermisst; zu lange bin ich schon nicht mehr als Volunteer auf einer Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen gewesen.

Eigentlich trinke ich gar keinen Kaffee. Vermutlich habe ich in den letzten Tagen daher mehr Koffein zu mir genommen als im ganzen bisherigen Jahr. Entweder, weil ich im Restaurant mal wieder vergessen hatte zu sagen, dass ich das Frühstück ohne Kaffee möchte – oder weil ich zuvor eine gewisse Kaffeerösterei besucht habe und es danach einfach unhöflich gewesen wäre, den Kaffee abzulehnen.
Loja selbst ist eine schöne Stadt, eingebettet zwischen Bergen.
Allerdings ist das Klima hier so, dass es fast jeden Tag Nieselregen gibt – manchmal länger, manchmal kürzer. Generell gibt es in Ecuador verdammt viele Klimazonen. Auf der einen Seite des Berges kann ganz anderes Wetter sein wie auf der anderen Seite.





Weiter Richtung Cuenca und Quito
Jetzt bin ich schon wieder unterwegs – weiter nach Cuenca und von dort aus nach Quito. Das sind aber noch gut 13.000 Höhnenmeter.



Ich lass bald wieder von mir hören!
*1 https://berlin.adfc.de/artikel/verkehrssicherheit-erhoehen-dooring-unfaelle-verhindern
Blog vom 08.10.2025
Lieber Florio, ein super interessanter Bericht zu deiner Tour in Peru und Ecuador. Unglaublich welche Herausforderungen du hast und welche Hilfe du immer wieder vor Ort bekommst. Beeindruckend! Muchos gracias a todos por su ayuda❣️
Mein früheres ‚kleines Jüngelchen‘ ist ein richtig ‚Großer‘ geworden! Gut gemacht!