
Salvador: Lebendig, historisch – und das in voller Lautstärke
Salvador ist vieles – aber ruhig ganz sicher nicht.
Besonders rund um Weihnachten blinkeb überall Lichterketten, und Lichtshows werden von Musik begleitet.


Coca-Cola scheint dabei allgegenwärtig zu sein – ein ständiger Begleiter in den Straßen – also quasi wie Zuhause. Im Kapitalismustempel in Oberhausen sieht es auch nicht anders aus.

Doch Salvador hat weit mehr zu bieten als fragwürdige Getränkemonopolisten und Festbeleuchtung:
Die Stadt fühlt sich an wie ein einziges großes Festival.


An jeder Straßenecke hört man Musik, am Strand grillen Menschen, trinken Getränke und überschallen sich gegenseitig mit ihren Boomboxen.

Eine Frau, die ich an einem Saftstand kennengelernt habe, zeigte mir ihre Stadt und erklärte mir, dass die Musik einer der vielen afrikanischen Einflüsse ist, die es hier wegen der Kolonialverschleppungen und -Versklavungen gab. Schwarze und PoCs aus dem afrikanischen Kontinent wurden im 16. bis 18. Jahrhundert dazu gezwungen, auf den Zuckerrohrplantagen der Portugiesen Zwangsarbeit zu verrichten.

Die Spuren dieser Geschichte sind überall in der Stadt sichtbar:
Die Kirche Nossa Senhora do Rosário dos Pretos, eine beliebte Sehenswürdigkeit, wurde von Sklaven erbaut und war eine der ersten, die auch Schwarzen zugänglich war – wenn auch nur nachts.
Ganz prominent neben dem Hafenmarkt Mercado Modelo steht ein Mahnmal, das an die Befreiung erinnert, seit der Schwarze und PoCs auch Waffen tragen und kämpfen dürfen.
Capoeira, eine Mischung aus Tanz, Kampfkunst und Musik, wurde einst heimlich von Sklaven entwickelt, um sich gegen ihre Unterdrücker zu wehren. Heute ist sie ein lebendiges Symbol der afro-brasilianischen Kultur und ein fester Bestandteil des Stadtbildes.
Salvador ist stark afrikanisch geprägt, während andere Regionen Brasiliens kulturell anders sind: Der Südosten ist eher europäisch, der Norden ist indigen geprägt, und im Süden dominiert deutscher Einfluss. Dieses Mosaik kultureller Identitäten macht Brasilien unglaublich vielfältig.

Kolonialismus, all seine negativen Folgen und die Spuren in der heutigen Zeit werden mir mit Sicherheit noch an vielen Orten auf der Reise durch Süd- und Mittelamerika begegnen.
Schon vor der Reise war mir das Thema wichtig und ich mich möchte mich noch mehr damit beschäftigen, die Auswirkungen verstehen und euch berichten.
Es geht weiter – entlang der Küste
Nach ein paar Tagen in Salvador habe ich mich entschieden, statt quer durchs Landesinnere Richtung Bolivien lieber die Küste entlang nach Rio de Janeiro zu radeln. Diese Route ist besser erschlossen und landschaftlich abwechslungsreicher.



Hier gibt es z. B. auch Campingplätze, die es in der Mitte des Landes nicht gibt.


Die Strecke zieht sich ganz schön, denn – wer hätte es gedacht? – Brasilien ist riesig. 😀
Zwischen Salvador und Rio liegen etwa 1.700 Kilometer – zum Vergleich:
Zwischen Berlin und München liegen 650 Kilometer.
Nach 15 Tagen ‚on the road‘ habe ich jetzt die Hälfte geschafft.

Ich fühle mich hier sicher. Die Straßen sind meist in jeder Richtung einspurig, mit einer Art Standstreifen. Auch darüber hinaus fühle ich mich in Brasilien sehr wohl.
Die Landschaft verändert sich kontinuierlich:
Anfangs dominierten Kokosnüsse und tropische Früchte die Straßenverkäufe, dann tauchten Flaschen mit Honig auf, und inzwischen bieten Händler Holzprodukte wie Schüsseln, Schneidebretter oder Mörser an.



Salvador hat mir gezeigt, wie lebendig eine Stadt sein kann und wie stark Kolonialismus und Rassismus die Gegenwart prägen. Die Vielfalt und Lebendigkeit Brasiliens faszinieren mich, und ich freue mich darauf, die restlichen Kilometer nach Rio zu erleben.

Blog vom 19.01.2025