Ich sitze gerade in einem Café auf einem gut besuchten Campingplatz – irgendwo zwischen São Paulo und der Grenze zu Argentinien/Paraguay.

Wie es mich hierher verschlagen hat?

Das erzähle ich euch in diesem Blog.

In den letzten Wochen ist wieder einiges passiert.

Ich bin unzählige Kilometer geradelt, habe faszinierende Menschen kennengelernt, wurde gefühlt tausendmal eingeladen und sogar beschenkt.

Und dann, nach 40 Tagen, 1.797 km, 6.184 Höhenmetern und fünf Platten, war es endlich soweit: Ich habe Rio de Janeiro erreicht!

Aber was ist dazwischen und danach passiert? Ich nehme euch mit:

Ich habe meinen ersten (und bisher einzigen) anderen Radreisenden getroffen – er fuhr von São Paulo in Richtung Amazonas, und das mit nur drei Gängen! Ich habe die ersten Vorboten des brasilianischen Karnevals erlebt, etliche Flüsse überquert, neue Freunde gefunden und Gastfreundschaft in ihrer reinsten Form erfahren.

Camping, Regen und grenzenlose Gastfreundschaft

Gleich zu Beginn meiner Route kam ich an einem Campingplatz vorbei, wo mir die Angestellte sehr bestimmt erklärte, dass ich dort nicht übernachten könne. Ich drehte schon um, als der Betreiber in seinem Pickup neben mir hielt – und mich kurzerhand doch einlud, kostenlos zu campen! So blieb ich zwei Nächte auf diesem sehr schönen gelegenen Platz direkt am Strand und hatte eine großartige Zeit mit den anderen Gästen.

Der nächste Campingplatz begrüßte mich dann mit einem anderen Highlight: strömendem Regen. Aber anstatt mich samt Zelt im Regen stehen zu lassen, durfte ich in einem Pavilon schlafen.

Dann kam meine erste Warmshowers-Übernachtung in Brasilien. Ich hatte den Sohn des Gastgebers angeschrieben, aber der war leider gerade mit dem Rad in Indien unterwegs. Stattdessen nahm mich sein Vater, Jairo, auf – mit Essen, Bier und allem, was ein Radreisender so braucht.

Zwei Tage später sprach mich in einem Supermarkt ein Mann an. Ergebnis: Ich durfte in seinem Garten zelten. Er selbst hatte auch schon einige kleinere Radtouren gemacht, also hatten wir gleich eine Menge zu quatschen.

Und dann gab es da noch den Tag, an dem ich mit zwei Platten mein Rad von einem Campingplatz zur nächsten Werkstatt schieben wollte – und prompt von der örtlichen Feuerwehr zum Mittagessen eingeladen wurde. Einfach so.

Auch hier auf meinem aktuellen Campingplatz erlebe ich brasilianische Gastfreundschaft in Reinform:

Essenseinladungen ohne Ende, ein geschenktes Fahrradtrikot von einem örtlichen Radclub und als Krönung eine private Bootsfahrt über den See zu Wasserfällen – organisiert von der Tourismusbeauftragten der Region. Ganz ohne Gegenleistung!

Ich habe nachgefragt:

Anscheinend bin ich der erste Radreisende (und der erste Deutsche überhaupt), der diesen Platz besucht. Gleich soll sogar der stellvertretende Bürgermeister vorbei kommen und mich begrüßen!

Ich könnte noch zig solcher Geschichten erzählen, aber dann würde dieser Blog kein Ende nehmen.

Fakt ist: Die Menschen hier in Brasilien haben eine ganz andere Mentalität, wenn es darum geht, fremde Touris willkommen zu heißen – und dafür bin ich unendlich dankbar.

Ankunft in der Karnevalshochburg Rio de Janeiro

Nach mehr als einem Monat auf dem Rad erreichte ich schließlich Rio de Janeiro – die inoffizielle Karnevalshauptstadt Brasiliens. Passend dazu landete ich in einem Hostel mit dem vielversprechenden Namen „Carneval Hostel“. Es lag nur wenige Meter von den Tribünen für die großen Festlichkeiten entfernt – was ich ausgiebig ausnutzte!

Ausblick vom Hostel auf die Tribünen

Das Hostel selbst kann ich allerdings nur bedingt weiterempfehlen. Warum? Nun ja…

Am letzten Tag wollte ich meine Übernachtung verlängern, aber an der Rezeption wollten sie mir einen höheren Preis berechnen als auf Booking.com. Als ich darauf hinwies, dass das nicht ganz fair sei, haben sie nicht etwa mir den günstigeren Preis gegeben – sondern einfach die Preise auf Booking.com hochgesetzt. Das war dann wohl die letzte Nacht in diesem Hostel.

Trotzdem konnte ich meine Zeit in Rio genießen. Die Stadt ist faszinierend und chaotisch.

Von oben betrachtet wirkt sie, als hätte ein Kind mit weißen Bauklötzen gespielt, sie wild übereinandergestapelt und dabei keinen Platz für auch nur einen Fußabdruck gelassen.

Ein kleiner Tipp: Wer hier nicht aufpasst, zahlt gnadenlos Touri-Preise (wer hätte das auch ahnen können?). Ich musste das auf die harte Tour lernen, als ich vor der berühmten Christusstatue zu viel für den Eintritt hinblätterte.

Faustregel:

Akzeptiert dein Gegenüber ohne Nöte direkt dein Gegengebot – isst er am Abend edele Kröte und du nur Brot 😅.

São Paulo: Ein Kontrastprogramm

Nach sechs Nächten in Rio entschied ich mich, den Fernbus nach São Paulo zu nehmen.

Mein Brasilien-Visum ist zeitlich auf drei Monate begrenzt, also wollte ich mir ein paar Höhenmeter und Kilometer auf dem Weg zur argentinisch-paraguayischen Grenze sparen. Der Bus? Sehr luxuriös! Und Worldy, durfte ohne nervige Fahrradkarton-Prozedur mitreisen.

In São Paulo angekommen, traf ich Rebecca und Alex wieder – zwei Einheimische, die ich in Salvador kennengelernt hatte. Wir aßen zusammen in einer Bäckerei zu Abend (ja, das ist hier in Brasilien völlig normal) und ich konnte eine Menge über ihre Sicht auf das Land und die Stadt lernen.

São Paulo selbst hat mich allerdings nicht so richtig überzeugt. Vielleicht ist die Stadt mit ihren 11,5 Millionen Einwohnern einfach zu groß für mich, aber sie wirkte auf mich ein wenig… seelenlos. Während Rio mich mit seinen Bergen und bunten Straßen beeindruckt hat, fehlt São Paulo ein bisschen das gewisse Etwas.

Klar, es gibt jede Menge Graffitis – aber viele davon sehen so aus, als wären sie von den Hochhausbesitzern in Auftrag gegeben worden, damit ihre Betonklötze nicht ganz so trostlos wirken. Das asiatische Viertel war ganz nett, konnte meinen Eindruck aber auch nicht mehr retten.

Auf zur den Iguazú-Wasserfällen und der Grenze!

Nun geht es für mich weiter Richtung Iguazú-Wasserfälle – einem der sieben Weltwunder. Vor mir liegen noch etwa 750 km, aber ich freue mich riesig darauf.

Natürlich wurde ich auch auf diesem Abschnitt wieder herzlich aufgenommen. Als ich fragte, ob ich auf einem zugewachsenen Fußballfeld übernachten könne, lud mich spontan eine Familie ein, die gerade den Geburtstag eines verstorbenen Familienmitglieds feierte. Ich wurde mit Essen und Fragen überschüttet – und durfte bleiben. Es war mir eine große Ehre, Teil dieser Feier zu sein.

Jetzt heißt es also: Endspurt bis zur Grenze. Ich bin gespannt, was mich dort erwartet – und werde berichten!

Blog vom 04.03.2025

Eine Antwort

  1. Mensch Florio, was für eine Radreise durch Brasilien….! Ich freue mich mit dir. So tolle Erlebnisse und Gastfreundschaft. Beeindruckend!! Alles Liebe und Gute für deine Weiterfahrt und ein großes ‚Obrigado‘ an alle die dir geholfen haben!

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